Aktuell 09.06.2022 (Archiv)
Nano: Bohrer gegen Bakterien
Mit nanometergroßen molekularen Maschinen, die wie Hochgeschwindigkeitsbohrer mit zwei bis drei Mio. Umdrehungen pro Sekunde rotieren, rücken Forscher der Rice University antibiotikaresistenten Bakterien zu Leibe.Sie bohren sich durch die Membran, sodass der Inhalt geschädigt wird. In der Folge sterben die Mikroorganismen ab.
Bakterien, die teilweise tödliche Krankheiten auslösen, wie die so genannten Krankenhauskeime, können sich ihrer Umgebung anpassen. Das befähigt sie, Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln. Im Extremfall sind Ärzte machtlos. Was Bakterien allerdings nicht können: Sich gegen mechanische Verletzungen schützen. Hier setzen die Rice-Wissenschaftler an. Die molekularen Bohrer werden von Licht angetrieben. Bisher musste es ultraviolettes sein, das allerdings Nebenwirkungen hat - die UV-Strahlen der Sonne etwa können schwere Haut-Irritationen auslösen.
Um solche Schäden zu verhindern haben James Tour und sein Team die molekularen Bohrer umgebaut. Die Wissenschaftler haben eine Stickstoffgruppe hinzugefügt, sodass das Molekül in der Lage ist, die Energie von gesundheitlich unbedenklichem bläulichem Licht in Rotationsenergie umzusetzen. Die Maschinen basieren auf einer Entwicklung des niederländischen Nobelpreisträgers Bernard Feringa, der bereits im Jahr 1999 das erste Molekül vorstellte, dessen Rotor sich zuverlässig in eine Richtung drehte.
Die Rice-Forscher haben ihre Nano-Bohrer zunächst an Bakterien getestet, die sich in Verbrennungswunden ansiedeln und dort gefährliche Entzündungen auslösen. Die Bohrer schafften es minutenschnell, die Membranen der Mikroorganismen, darunter der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, der für jährlich 100.000 Todesfälle verantwortlich ist, zu durchdringen. 'Antibiotika werden nicht in der Lage sein, Millionen Menschen pro Jahr davon abzuhalten, an bakteriellen Infektionen zu sterben. Aber unser Bohrer hält sie wirklich auf', so Tour.
Die Perforierung der Membran ermöglicht zudem das Eindringen von Antibiotika, die eine heile Membran nicht durchstoßen können. Auch dagegen können sich die Bakterien nicht wehren. Nächste Aufgabe des Teams wird es sein, eine Technik zu entwickeln, mit der sich Bakterien in einer normalen Umgebung per Bohrer zerstören lassen.
Nanosensor gegen Pestizide
Mit einem preiswert herzustellenden, winzigen Sensor von Forschern des Karolinska Institutet lassen sich Pestizidrückstände auf Früchten künftig innerhalb weniger Minuten nachweisen. 'Berichte zeigen, dass bis zur Hälfte aller in der EU verkauften Früchte Pestizidrückstände enthalten, die zu gesundheitlichen Problemen führen können', sagt Georgios Sotiriou, leitender Forscher an der Abteilung für Mikrobiologie, Tumor- und Zellbiologie der Hochschule.
Die derzeitigen Techniken zum Nachweis von Pestiziden auf einzelnen Produkten vor dem Verzehr sind laut Sotiriou durch die hohen Kosten und die umständliche Herstellung der Sensoren eingeschränkt. 'Um dies zu überwinden, haben wir kostengünstige und reproduzierbare Nanosensoren entwickelt, mit denen Spuren von Fruchtpestiziden beispielsweise im Laden nachgewiesen werden können.'
Das Verfahren nutzt die sogenannte oberflächenverstärkte Raman-Streuung zum Nachweis der Pestizide. Bei dieser Technik wird die Probe mit Licht einer bestimmten Frequenz beschienen. Es wird an den Molekülen auf der Oberfläche gestreut und außerdem in der Frequenz verändert. Diese Änderung ist typisch für die Art der jeweiligen Moleküle. Die Technik wird in verschiedenen Forschungsbereichen eingesetzt, darunter in der chemischen und Umweltanalytik sowie zum Nachweis von Biomarkern für verschiedene Krankheiten. Hohe Produktionskosten und eine begrenzte Reproduzierbarkeit von Charge zu Charge haben jedoch bisher eine breite Anwendung in der Lebensmittelsicherheitsdiagnostik verhindert.
Sotiriou und sein Team haben eine Produktionstechnik entwickelt, die eigenen Angaben nach zuverlässig und preiswert ist. Mithilfe des thermischen Spritzens haben die Forscher Nanopartikel aus Silber an einer Glasscheibe abgeschieden. Das führt dazu, dass das aufgrund von Verschmutzungen mit Pestiziden reflektierte Licht massiv verstärkt wird. Aufgefangen und analysiert wird es mit einem Spektrometer.
Um Pestizide etwa auf einem Apfel nachzuweisen, wird dessen Oberfläche mit einem Wattebausch abgerieben. Dieser wird in eine Lösung getaucht, die das eventuell vorhandene Gift löst. Ein Tropfen dieser Flüssigkeit wird auf den Sensor gespritzt. Wird er jetzt beleuchtet, erbringt das Spektrometer den Nachweis für das Pestizid.
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