Aktuell 27.09.2013 (Archiv)
Gefahren steigern Verkauf
Gesundheitsschädliche und gefährliche Produkte stehen bei Konsumenten hoch im Kurs. Die Kennzeichnung von Zigaretten könnte damit kontraproduktiv sein.Das haben Wissenschaftler der New York University (NYU) zusammen mit Forschern der Israel University und der Business School INSEAD in ihrer jüngsten Studie belegt. Den Experten zufolge unterliegen Konsumenten einer paradoxen Reaktion. Ein Produkt, das quasi von sich selbst behauptet, schädlich zu sein, erzeugt beim Käufer den Eindruck, dass es keine weiteren negativen Effekte hat. Vor Jahren bereits haben Wissenschaftler dieses Verhalten prophezeit. Um ihre Hypothese zu testen, führte die NYU im Zeitraum von 2010 bis 2012 vier Studien zu dieser These durch.
In einer der Analyse wurde einer Gruppe von Rauchern eine Zigarettenwerbung gezeigt. Die Zuschauer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die eine Hälfte sah eine Version der Werbung, die Hinweise auf Gesundheitsrisiken enthielt. Die Version, die der Kontrollgruppe gezeigt wurde, enthielt keinerlei Risikohinweise. Daraufhin wurden die Teilnehmer gefragt, wie viele Zigarettenpackungen sie gerne kaufen würden.
Die Gruppen wurden noch einmal halbiert: Den einen wurde erzählt, die 'Zigarettenlieferung' würde in den nächsten 24 Stunden eintreffen, die anderen mussten sich vorstellen, die Lieferung würde erst in drei Monaten eintreffen. Das Ergebnis: Jene Gruppe, welche die Werbungs-Version mit den Hinweisen auf gesundheitliche Konsequenzen gesehen hatte, 'orderte' mehr Zigaretten als die Kontrollgruppe, die Werbung ohne Gefahrenhinweise rezipiert hatte.
'Dieser Effekt könnte vielen entgangen sein', so der Co-Autor der Studie Psychologe Ziv Carmon. 'Wir mussten feststellen, dass die Warnungen den Absatz für gesundheitsschädliche Produkte auf perverse Art und Weise sprengen könnten', entrüstet sich der Wissenschaftler. Die Forscher erklären, es sei entgegen der eigentlichen Absicht der Warnhinweise, wenn sie tatsächlich dazu führen, dass das Verlangen nach einem schädlichen Produkt steigt. Damit könnten die Warnhinweise ihre eigentliche Absicht selbst unterminieren.
Derweil betreibt die Industrie Lobbying
Der US-Tabakriese Philip Morris interveniert massiv bei Europa-Mandataren, um eine neue Tabakrichtlinie zu verhindern beziehungsweise nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Zu dem Zweck sollen Lobbyisten des Konzerns in einem geheimen Verzeichnis festgehalten haben, welche Abgeordneten besonders 'empfänglich' seien und bei wem noch eine 'dringliche Intervention' erforderlich ist, berichtet der Spiegel.
In der ominösen Liste von Philip Morris verzeichnet ist neben dem ehemaligen französischen Innenminister Brice Hortefeux auch Stéphane Le Foll, seit 2012 französischer Landwirtschaftsminister. Ebenso aufgeführt ist der Grünen-Vertreter José Bové. Zusammen mit 71 weiteren Namen aus der EU erscheinen sie auf firmeninternen Dokumenten des Zigarettenherstellers. Die als 'EU Tabacco Products Directive Review' getarnte Liste des Konzerns erinnert an Geheimdienstmethoden.
Egal ob biografische Details, Hinweise auf Parteizugehörigkeit oder Infos, die einen genauen Aufschluss über Mitgliedschaften in EU-Ausschüssen geben: Die Philip-Morris-Lobbyisten zeichnen sich durch professionelles Arbeiten aus. Das zeigt sich auch daran, dass viele Daten farblich unterlegt sind, geordnet nach ihrer Haltung gegenüber den Interessen der Industrie. Hintergrund für den Aufwand ist eine neue Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union.
Im Detail wollen die Lobbyisten von Philip Morris gegen einige Einschränkungen vorgehen. Die ab Oktober beratene neue Richtlinie will unter anderem Menthol- und dünne, sogenannte 'Slim-Zigaretten' verbieten. Geplant sind außerdem abstoßende Bilder von krebsbefallenen Lungen, teergeschwärzten Zähnen oder abfaulenden Füßen auf den Packungen anzubringen. Die Tabakindustrie läuft dagegen Sturm, verortet 'EU-Regulierungswut' sowie Job-Verluste.
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