Aktuell 08.06.2011 (Archiv)
EHEC soll nicht verschwinden
Während es im In- und Ausland Kritik am deutschen Krisenmanagement der Behörden und Forscher rund um die EHEC-Darmseuche hagelt, stellen Experten auch das Verhalten der Medien in Frage.'Die Medien haben dazu beigetragen, dass die Aufregung teilweise hoch emotional geworden ist', so der Risikoforscher Jörn Birkmann vom Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen. Als besonders ungünstig beurteilt Birkmann die ständigen Katastrophenberichte aus Krankenhäusern und Intensivstationen. 'Die Medien suchten stets einzelne Schuldige wie etwa Gurke, Sprosse oder bestimmte Restaurants, obwohl die Bedrohung viel diffuser und komplexer ist', so die Analyse des Experten. Durch die Festlegung auf Gemüsesorten wie etwa Gurken aus Spanien habe man gerade zu Beginn eine sehr starke Engführung herbeigeführt. 'Damit nahm man Schuldzuweisungen vor, die im Nachhinein kritisch gesehen werden müssen.'
Wichtig wäre es gewesen, gleich zu Beginn der Krise wichtige Informationen zu liefern - etwa wirksame Handlungshinweise zur verbesserten Hygiene oder das Aufkochen von Gemüse. Eine differenzierte Darstellung habe dem europäischen Ausland dabei geholfen, die nötige Ruhe zu bewahren. 'Etwa in Norwegen, das Gemüse aus derselben Lieferzone bezieht, herrscht ein ganz anderes Bild. In Oslo oder London isst man auch weiterhin Salat aus der Europäischen Union', so Birkmann.
Risiko-Simulation: Kontrolle behalten
'Deutschland bekommt den EHEC-Keim deshalb so schwer in den Griff, da die genauen Wege der Nahrungszulieferung kaum bekannt sind.' Das behauptet Stephen Eubank, Simulationswissenschafter an der University of Texas in Austin. Der Experte befürchtet schlimme Folgen, falls die Quelle des Bakteriums nicht identifiziert wird. Er fordert auch mehr Kontrolle über die Infrastruktur, da die Gesellschaft ohne dieser auseinanderzubrechen droht.
Auch zweieinhalb Wochen nach dem Ausbruch der Epidemie kann man das Risiko kaum einschätzen, da weder die Zahl der Infizierten feststeht noch die Verbreitungswege. Das sei fatal angesichts des hohen Drucks von allen Seiten, erklärt Eubank. 'Egal ob man Ergebnisse zu früh oder zu spät verbreitet, gibt es dabei immer ökonomische oder gesundheitliche Risiken und entsprechende Kritik.' Die hohe Aufmerksamkeit in den Medien sei durch das derart emotional besetzte Thema Nahrung nur verständlich.
Die meisten Sorgen bereitet dem Experten der Gedanke, dass das EHEC-Bakterium wieder von selbst verschwinden könnte, ohne dass dessen Quelle ermittelt wird. 'Findet man die Ursache nicht, würde dies das Vertrauen der Menschen in die Versorgungskette erschüttern, die ja damit auch weiterhin potenziell anfällig bleibt.'
Der pathogene Escherichia coli-Bakterienstamm decke einen wunden Punkt auf, so Eubank. 'Wir verstehen die Prinzipien unserer eigenen Erfindungen nicht mehr. Jeder Gesellschaftsbereich ist heute hochkomplex mit vielen anderen verknüpft. Je schlechter wir ein Ereignis zurückverfolgen können, desto schwieriger wird es, Vorhersagen zu treffen und entsprechend vorzubeugen.' Häufigere Zwischenfälle im Alltagsleben seien die Folge, wofür der Forscher Verkehrsstaus, Trinkwasser-Knappheiten oder eben Seuchen als Beispiele nennt.
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