Aktuell 20.04.2011 (Archiv)
Wie die Umwelt mit Strahlung umgeht
Pflanzen reagieren auf starke radioaktive Strahlungen nicht nur durch Mutation, sondern auch durch verstärkte Auslese. Darauf lassen Untersuchungen der Nadelbäume schließen, die in der Sperrzone des explodierten Atomkraftwerks Tschernobyl wachsen.Die Ergebnisse haben Göttinger Forscher gemeinsam mit Kollegen aus der Ukraine soeben in der Fachzeitschrift 'Environmental Pollution' veröffentlicht. Rund um den Atommeiler wurden im Zuge der Aufräumarbeiten nach der Havarie verseuchte Erde aufgeschüttet und mit Kiefern bepflanzt, um die Windverwehung zu reduzieren. Fast alle überlebenden Bäume sind krank.
Interessant sind für den Forstgenetiker Reiner Finkeldey jedoch besonders die Veränderungen im Erbgut der Pflanzen. Dass hier stark erhöhte Mutationen stattgefunden haben, liegt nahe und bestätigte sich auch in der Untersuchung. 'Besonders interessant ist jedoch, dass an vielen Stellen des Genoms eine Auslese stattfindet. Manche Bäume werden mit dem Umweltstress der Strahlung fertig, andere nicht und sterben ab. Das lässt darauf schließen, dass zumindest einige Kiefern ihr Erbgut vor der Schädigung schützen können.'
Klar ist bisher nur, dass eine hohe Anzahl von Genorten an diesem Schutz beteiligt ist, denn die genaue Identifizierung benötigt jedoch noch weitere Forschungsanstrengungen. 'Das Genom der Kiefer ist achtmal größer als das des Menschen, zudem ist es nicht sequenziert', erklärt Finkeldey. Zumindest denkbar sei, dass auch bei Menschen ähnliche genetische Mechanismen eine Rolle spielen. 'Auch Menschen reagieren auf extrem hohe radioaktive Strahlung sehr unterschiedlich. Manche überleben sie nicht und viele entwickeln Krebs, während einige wenige gesund bleiben.'
An eine Umsetzung etwa für die Zucht von Bäumen, die radioaktiver Strahlung widerstehen können, denkt Finkeldey nicht. 'Was wir hier betreiben, ist Grundlagenforschung. Interessant ist für uns, wie Pflanzen mit Umweltstress umgehen', betont der Forscher.
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