Aktuelles 14.03.2012 (Archiv)
Nachruf auf das Triptychon
Das Ende des Triptychons ist gekommen. Das Diptychon ist in der Fotografie auch schon dahin. Und das Polyptychon sowieso. Es lebe die Serie.Wer Fotobücher zur Bildgestaltung liest, kann durchaus auf das 'Triptychon' stoßen. Verstaubte Bücher erheben die Kunstform ohnehin zu speziellem Ausdruck, modernere greifen auch noch immer zu, wenn es um solche Gestaltungen geht. Wir aber sehen das Ende gekommen und formulieren damit eigentlich Kritik an den Bildschaffenden.
Wer das Triptychon nicht kennt, dem sei nur kurz angemerkt, dass es um ein dreiteiliges Bild geht. Das sieht man am Altar (von den Gemälden stammt die Bezeichnung) und der griechische Begriff zeigt, dass es so etwas schon lange gibt. Uns steht es nur stellvertretend für eine kreative Gestaltungsform, die sich einem Thema auf drei Wegen nähert und damit ein Gesamtkunstwerk schafft. Das Triptychon ist damit eine Potenzierung des Fokusses auf ein Bild. Ein Kunstwerk.
Wert = Minimum x Anzahl
Doch wir rufen zum Nachruf auf, denn das Internet hat die Foto-Kunst verändert. War früher ein 'ich will das perfekte Bild' des Auftraggebers Wunsch und ein 'was kostet das Foto' der kommerzielle Background, so ist es heute ein 'wie viele Fotos bekomme ich für X' mit dem Ziel einer Serie möglichst variantenreicher Kost vom Fließband. Nicht das eine Foto soll entstehen. Auch nicht das eine, das höchst kreativ aus drei Fotos geboren wird. Und auch nicht die drei bis fünf Fotos, die man vielleicht für einen Zweck braucht. Schon bei '10 Fotos erhältst Du nach dem Shooting' schauen die Kunden eigenartig. Und selbst bei 30 kommt die unweigerliche Frage, ob man nicht doch alle Bilder von der Karte haben kann...
Das Internet, die Digitalisierung der Fotografie und insbesondere die fotohungrigen Social Networks haben das Fotografieren grundlegend geändert. Statt dem Triptychon wird das Album in Facebook zur Ausdrucksform. Vier Fotos sind da Minimum (drei im Stream, eines zum Durchklicken), bei zweistelligen Anzahlen schaut man erst genauer hin. Die Bildwirkung einer Serie ergibt sich nicht, das Aneinanderreihen der Einzelfotos wird um so spannender, je unterschiedlicher die Fotos sind - wie beim Diavortrag. Das einzelne Foto büßt Wert ein und darf nichts kosten. Und das Gesamtwerk wird höchstens durch ein Making-of-Video aufgewertet.
Quantität ist die neue Qualität
Die Spielwiesen der einzigartigen Fotos, auf die man hin arbeitet, werden weniger. Das Budget pro Foto wird weniger. Die Anzahl jedoch steigt weiterhin an und die Notwendigkeit des zeitlich gestaffelten Anlieferns auch. Bei all der Inflation der Fotos (was im Übrigen auch in Magazinen und der anderen Welt da draussen genauso gültig ist) mag man sich gar nicht ausmalen, wie in ein paar Jahren eine Jury ein Lebenswerk nachkommender Fotografen auszeichnen möchte ;-)
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#Fotografie #Qualität #Kunst #Wert
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